Die Natur in den Bergen fasziniert mich. Immer mehr Handbiker spüren diesen Spirit. Zusammen die Erfahrungen und Erlebnisse austauschen und gemeinsame Touren zu Fahren ist sehr reizvoll.
So fuhr ich zu Dieter und Robert ins Allgäu. Ich durfte drei wunderschöne Tage mit drei unbeschreiblichen Fahrten erleben.
Freitags, Höfats-Traum auf die Käseralpe.
Samstags, die Himmelsleiter auf die Schlappoldalpe.
Sonntags, auf Gerstruben und die Dietersbachalpe.
Gerstruben und Dietersbachalpe
Das ehemalige Bergbauerndorf Gerstruben liegt auf 1155 müM und ist damit einer der höchstgelegenen Orte Deutschlands. Es liegt am Beginn des Dietersbachtals. Der Ort ist ein Beispiel einer sehr gut erhaltenen Walsersiedlung, heute stehen noch fünf Häuser aus dem 15. und 16. Jahrhundert und eine Kapelle aus dem 17. Jahrhundert.
Am hintersten Ende des Dietersbachtales steht die Dietersbachalpe.
Die Tour
Der Allgäubiker Dieter holte mich auf dem Rubi-Camp ab und wir fuhren, wie bereits die beiden Vortage, auf dem Radweg nach Oberstdorf an der Skisprung-Schanze vorbei. Wir folgten der Trettach über Gruben nach Dietersberg. Dort zweigten wir links ab und somit auch, wie es sich für die Allgäuer gehört, in eine harte, anstrengende Steigung. Von 900 auf 1155 müM.
An den entgegenkommenden Mountain-E-Bikern konnten wir das Gefälle deutlich riechen, die Bremsen waren jeweils kurz vor dem Verglühen.
Beim Berggasthaus in Gerstruben legten wir erstmals einen Stopp ein und genossen die herrliche Aussicht. Da das Gasthaus, von unten gesehen, das erste Gebäude von Gerstruben ist, nahm ich das aussergewöhnliche Flair des Ortes noch nicht wahr.
Weiter fuhren wir, nun auf Kies ins Tal hinein. Ein paar kurze Steigungen, meistens vor oder nach einer Bachquerung sind sehr steil, sodass das eine oder andere Handbike an die Traktionsgrenzen gelangen dürfte. Die Steigung im Grossen und Ganzen ist aber relativ human.
Das gesamte Tal mit seinem alpinen Charakter ist sehr reizvoll. Ich konnte mich kaum satt sehen.
Auf 1325 müM ereichten wir die sehr idyllische, familiäre Dietersbachalpe. Nach einer längeren Rast hiess es dann wieder Abfahrt. Diesmal wollte ein Rind genau sehen, was das für komische Dreiräder sind.
Wieder in Gruben angelangt entschloss sich Dieter für eine kleine Zusatzrunde, hoch hinter die Skisprungschanzen. Schnell 100 Höhenmeter hochkurbeln, dafür einen einmaligen Blick auf die Anlagen und auf Oberstdorf erhaschen.
Fazit
Landschaftlich einzigartige Tour, zwar etwas weniger anspruchsvoll als die Schlappoldalpe, aber auch die muss zuerst gefahren werden. Der gelungene Abschluss meines Oberstdorf Aufenthaltes.
Handbiken im Allgäu kann ich wärmstens empfehlen.
Gerstruben_Dietersbachalpe als PDF
Download_Gerstruben_Dietersbachalpe.gpx
Bitte immer angeben ob mit oder ohne „emotor“, weil das wahrlich mit wirklichem handbike-fahren nicht zu vergleichen ist…
Hallo Albert
Die meisten Touren auf diesem Blog fuhr ich ohne Motor, auch die im Allgäu.
Trotzdem bin ich nicht der Meinung, dass nur das Fahren ohne Motor das „wirkliche“ Handbiken ist.
Verglichen mit einem Strassen-Handbike kommt man, mit identischem Kraftaufwand, auf Schotter nur gerade halb soweit. Bei feuchtem und weichem Untergrund ist das schnell nur noch ein Drittel.
Oder fährt man zusammen mit Fussgängern auf ihren MTB’s (ohne Motor) warten diese oben am Berg stundenlang auf den Handbiker.
Oder noch anders erklärt, ein Spitzensport-Handbiker leistet um die 300Watt Spitze, ein Spitzen-Fahrradfahrer bringt es auf über 1000W.
Mittelmässig trainierte Handbiker schaffen kaum 100Watt, das reicht für keinen Berg mit einem 25kg Handbike.
Also macht der Einsatz von E-Unterstützungen durchaus Sinn. Natürlich kommt es darauf an, wie man diesen einsetzt. Man kann den Motor unterstützend nutzen, so dass er zur eingenen Kraft noch etwas beisteuert oder man kann sich mit voller Leistung auf den Berg fahren lassen. Das ist eine Frage der Ressourcen und der Selbstdisziziplin.
Liebe Grüsse
Handbike-Andi
Hallo Andi,
wenn Du Käser-, Schlappold- und Dietersbachalpe an drei Tagen hintereinander ohne „E“ gefahren bist, kann ich nur sagen: Hut ab! Da hab ich dich unterschätzt, wofür ich um Nachsicht bitte. War kürzlich auch auf der Dietersbachalpe, da gehts bis Gerstruben ja schon ordentlich steil hinauf, am folgenden Sandweg Traktion der Slickreifen ausreichend (teilweise gerade noch), aber am nächsten Tag war das Rappenalptal weit genug. Da nervte es mich doch dass pausenlos „E-Biker“ vorbeifuhren, nicht selten mit üppiger Fülle des Körpers, scheinbar mühelos und ohne dass einer ins Schnaufen kam. Aber so ist das halt. Nix für ungut.
Schöne Grüße
Albert h
Hallo Albert
Ja genau ich habe die drei Alpen in drei aufeinanderfolgenden Tagen ohne E gemacht. Ich bin ein tiefer Paraplegiker (TH12/L1 inkomplett) und ja, nicht untrainiert. So habe ich relativ gute Voraussetzungen.
Selbstverständlich gibt es Handbiker/innen die locker noch drei Alpen anhängen würden.
Aber – und das ist meine Aussage, das ist Sport, richtiger Sport, nicht Breitensport – also anstrengend.
Wenn ich deinen Kommentar richtig verstanden habe, hast du die Dietersbachalpe geknackt (bravo), aber am nächsten Tag war die Luft schneller raus.
Nun, warum schränkst du dich ein? Warum geniesst du nicht alle Alpen, ohne dich auszukotzen?
Ich fahre z.B. mit dem E-Kobold Prototyp Handbike mit 30% Leistung (von 500W) zusammen mit meiner Frau (MTB ohne E) durchschnittliche Touren von 45km und 1300 Höhenmeter, dabei komme ich ganz schön ins Schwitzen, kann dafür am nächsten Tag die nächste Tour mit ähnlichen Distanz und Höhe fahren. Im Urlaub (wie jetzt eben) eine ganze Woche mit „nur“ einem Ruhetag.
Die Menschen die du beschreibst, die brauchen dann halt volle Leistung, sind schneller oben, der Akku ist auf einem Drittel der Strecke platt – aber sie tun etwas, sie liegen nicht mehr auf dem Sofa rum.
Noch etwas, zum Verständnis meines Blogs. Ich beschreibe hier Touren welche mit dem Handbike gefahren werden können. Dabei geht es nie darum, wie schnell und mit welcher Hilfe man das bewältigt sondern, dass man einzigartige Erlebnisse geniesst.
Fast auf jeder meiner Touren wird mir bewusst, dass ich mich in Regionen bewege, die ich als Rollstuhlfahrer nie erreichen könnte, ohne Handbike. Wie lange ich oder ein Nachahmer dafür braucht, ist nebensächlich.
Liebe Grüsse
Andi
Hallo Andi,
einmal will ich noch schreiben zum Thema E: also viele Handbiker gibt es ja sicher nicht, die bei deinen drei Allgäu-Touren noch drei anhängen würden bzw. könnten. Auch ich darf mich als Breitensportler bezeichnen, ohne spezielles Training aber mit einer großen Naturliebe noch aus meiner Zeit als Bergsteiger. In erster Linie deswegen fahre ich am liebsten im Gebirge rum. Zur Frage warum ich mich einschränke, ich nicht alle Alpen genieße: So wie heute die meisten mit Akku und EMotor rumfahren, nimmt man den Zielen ihren Wert. Jeder kommt überall hin bzw. rauf. Ich erinnere mich an das Kitzbüheler Horn. An einer ziemlich steilen Stelle überholte mich eine Frau mit Gepäcktaschen am Rad mit gefühlt 25 km/h. Eigenbeitrag zur Fortbewegung praktisch Null. Womit auch der sportliche Wert eines der steilsten Radberge Österreichs gegen Null geht, wie ich es sehe. Mit dem Handbike bergauf fahren: zweifellos anstrengend, aber darum geht es ja. Eine Auseinandersetzung mit meinen Kräften, meinem Willen, evtl. meinen Grenzen. Vielleicht handelt es sich um einen gewissen Masochismus, aber ich erlebe das als durchaus lustvoll.
Schnell geht das natürlich nicht. Das Problem dass evtl. Begleiter ewig warten müssen, umgehe ich, indem ich meistens allein fahre. Dass viele Menschen mit ihren (E)Bikes wieder in die Natur kommen, anstatt auf dem Sofa zu liegen, finde ich auch gut, aber das Rad (ohne E) mal ein bisschen schieben würde den meisten auch nicht schaden. Noch zu deinem Blog: Ich habe daraus schon einige Anregungen für Touren entnommen (vor kurzem z.B. die Lackalm bei Kössen), wofür ich dir dankbar bin. Dass das Erlebnis das wichtigste ist und es egal ist wie lange man braucht, das sehe ich auch so. Aber wenn Handbiker anspruchsvolle Touren veröffentlichen sollten sie grundsätzlich schon angeben, wenn sie mit „E“ gefahren sind. Dabei bleibe ich.
Sportliche Grüße
Albert